Von Nils Klute, IT-Fachredakteur und Projektmanager Kommunikation bei EuroCloud Deutschland
Digitale Mehrwerte über die Cloud erschließen, damit die Technologie selbstverständlicher auch im Mittelstand ankommt: Wie die Cloud die Digitalisierung von Industrie und Gesellschaft treibt. Und was Videocalls und Gaia-X gemein haben – auf der Cloud Expo Europe Frankfurt diskutierte die Internet- und Cloud-Computing-Wirtschaft jetzt über Vertrauen im digitalen Raum.
Ohne Cloud geht es heute nicht mehr – selbst im Mittelstand. „Ob Edge, Mesh oder Public – Cloud-Lösungen verschaffen mittelständischen Geschäftsmodellen Luft zum Atmen“, sagte Dr. Stefan Igel, COO bei Stackable. Warum die Cloud ankommt: „Die Unternehmen haben sich gewandelt“, sagte Marc Sundermann, CEO & Founder bei CLOUDETEER. „Wo früher die No-Cloud-Strategie galt, gilt heute die Cloud-Strategie.“ Egal, ob IaaS, PaaS oder SaaS – wie die Technologie den Mittelstand atmen lässt, darüber diskutierten Expert:innen am 11. und 12. Mai auf der Cloud Expo Europe Frankfurt.
„Mussten Provider ihre Kundschaft früher noch zum Wandel überreden, erkennt der Mittelstand die Vorteile heute von allein“, sagte Sundermann. Was die Nachfrage steigen lässt, ist Grund zu Freude und Sorge zugleich. „Nicht nur der Chipmangel fordert die IT-Branche heraus“, sagte Julian Hansert, Co-Founder bei Kubermatic, „Überall in der Cloud-Welt fehlen Fachkräfte.“ Ein Problem, das zu lösen ist. „Schließlich will der Mittelstand mehr aus seinen Daten und Prozessen herausholen, als das im eigenen Serverraum bis dato möglich war“, sagte Peter Koller, Senior Projektmanager Cloud bei EuroCloud Deutschland.
Systemhäuser und Cloud: Kooperationen mit Cloud Natives als Lösung
Digitale Mehrwerte über die Cloud erschließen – nicht nur den traditionellen Mittelstand stellt das auf die Probe, sondern auch den Channel: Systemhäuser galten in der Herzkammer der deutschen Wirtschaft bislang als wichtigste Ansprechpartner in Sachen IT. „Aber selbst bei einfachen Fragen zu AWS, Azure & Co. können sie oft nicht liefern“, sagte Dr. Nils Kaufmann, Leiter bei EuroCloud Native (ECN). Kooperationen mit Cloud-Native-Dienstleistern können eine Lösung sein.
Seit 2020 versammelt die ECN Deutschlands Cloud-Native-Provider. Darunter Start-ups und junge Unternehmen wie gridscale: „Wir unterstützen den Mittelstand mit IaaS- und PaaS-Lösungen, die Kund:innen per Klick verwalten können“, sagte Frank Gross, Director of Freshness & Sales bei gridscale. Was sich elegant in Eigenregie managen lässt, erfordert aber auch mehr Eigenverantwortung. „Cloud-Native-Technologien stellen klassische Fachbereichsstrukturen in Frage“, sagte Daniel Quilitzsch, IT- und Software-Architekt bei Bechtle Clouds. Der Dienstleister kultiviert, inkubiert und vermarktet seit 2017 das Cloud-Know-how des 1984 gegründeten Bechtle-Systemhauses. Ein Weg, den andere noch vor sich haben: Die Channel2Cloud-Initiative von EuroCloud Deutschland unterstützt sie bei der Transformation.
Cloud im Mittelstand: Dank Gaia-X einfach immer selbstverständlicher
Damit die Cloud einfacher und immer selbstverständlicher wird, dafür soll Gaia-X sorgen. Der eco – Verband der Internetwirtschaft arbeitet an den Gaia-X Föderationsdiensten für die gemeinsame Dateninfrastruktur der Zukunft mit. „Europa war schon immer eine Speerspitze bei Datenschutz und Datensicherheit“, sagte Patricia Florissi, Technical Director, Office of the CTO bei Google Cloud. „Gleiches erwartet die Welt nun von der Initiative.“ Der gemeinsame Nenner: „Digitale Souveränität“, sagte Stephan Ilaender, CTO bei PlusServer, „Europäische Werte und Standards sind das Bindeglied, um den Mittelstand in einem System der Datenökosysteme zu verbinden.“ Ökosysteme, in denen jeder souverän über seine Daten entscheiden kann. „Zwar sagt jedes Land, es schütze Daten“, sagte Rainer Sträter, Head of Global Platform Hosting bei IONOS. „Aber alle verstehen darunter andere Konzepte.“ Was das praktisch heißen kann: „Wer heute einen Cloud-Service bucht, muss sich durch AGBs wühlen“, sagte Pierre Gronlier, CTO bei Gaia-X. „Wer Dienste vergleichen und bewerten möchte, stößt rasch an Grenzen.“ Die standardisierte Dateninfrastruktur wird das transparent lösen: Wie Bausteine sollen sich Services interoperabel und modular ineinanderstecken und – ebenso einfach – vergleichen lassen.
Digitalisierung und Datenverarbeitung: Gaia-X setzt Spielregeln für Anbieter
Warum die Gaia-X-Initiative unbedingt erfolgreich sein muss: „Ohne eine Digitalisierung der Industrie wird auch die Digitalisierung der Gesellschaft nicht gelingen,“ sagte Ernst Stöckl-Pukall, Leiter des Referates „Digitalisierung, Industrie 4.0“ beim BMWK. Dabei funktioniert digitale Souveränität nur im Schulterschluss: „Gaia-X muss Verwaltungs- und Wirtschaftsinteressen ausgleichen“, sagte Holger Lehmann, Pressesprecher des ITZBund. Warum das notwendig ist: „Egal, ob Blutwerte oder Maschinenlaufzeiten – jede Datenverarbeitung braucht Spielregeln“, sagte Emma Wehrwein, Projekt Managerin bei eco. „Gaia-X schafft dafür ein souveränes, flexibles und standardisiertes Regelwerk.“ Schließlich gibt es die Initiative auch gerade deshalb in Europa, „weil hier die Landschaft der Anbieter floriert, die Daten bereits souverän verarbeiten“, sagte Marcus Busch, Geschäftsführer bei Leaseweb Deutschland.
Gaia-X: Wahre Leistung zu oft noch zu unbekannt
Egal, ob Trust, Identity, Schutz und Sicherheit: „Die wahre Leistung von Gaia-X wird zu oft noch nicht verstanden“, sagte Jutta Juliane Meier. Warum das so ist, machte die Gründerin & CEO von Identity Valley Research an einem Beispiel deutlich: „Wie schwer es uns bereits persönlich fällt, Vertrauen über Videocalls aufzubauen, haben wir alle während der Corona-Pandemie erfahren.“ Nicht anders Gaia-X: „Die Initiative entwickelt technologische Lösungen für mehr Vertrauen im digitalen Datenraum.“